Gesetz zum Abbau der Schriftform im Verwaltungsrecht des Bundes
Gesetz zum Abbau der Schriftform im Verwaltungsrecht des Bundes

Gesetz zum Abbau der Schriftform im Verwaltungsrecht des Bundes


Am 26. Janur 2017 beschloss der Bundestag das Gesetz zum Abbau verzichtbarer Anordnungen der Schriftform im Verwaltungsrecht des Bundes (BT-Drs. 18/10183). Das Artikelgesetz soll in 181 unterschiedlichen Gesetzen und Verordnungen 476 Rechtsvorschriften ändern, um Schriftformerfordernisse ganz zu streichen oder um die Möglichkeit der Nutzung einfacher elektronischer Verfahren, wie der einfachen E-Mail, zu ergänzen. Das Artikelgesetz bedarf der Zustimmung durch den Bundesrat.

Die Gesetzesinitiative ist im Kontext langjähriger Bemühungen zur Modernisierung der Verwaltungskommunikation zu sehen. In der Digitalen Agenda 2014–2017 der Bundesregierung, die dem Regierungsprogramm „Digitale Verwaltung 2020“ zu Grunde liegt, wird die Überprüfung verwaltungsrechtlicher Formerfordernisse als eine Maßnahme genannt. Bereits 2013 trat das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften in Kraft, welches das EGovG beinhaltet. Nach Art. Artikel 30 Abs. 2 EGovG hat die Bundesregierung die Pflicht, u. a. darüber zu berichten, in welchen verwaltungsrechtlichen Vorschriften des Bundes die Anordnung der Schriftform verzichtbar ist. Darauf folgte ein breit angelegtes Normenscreening (Bericht der Bundesregierung zur Verzichtbarkeit der Anordnungen der Schriftform und des persönlichen Erscheinens im Verwaltungsrecht des Bundes, BT-Drs. 18/9177). Dessen Empfehlungen sollen nun z. T. mit diesem Gesetz umgesetzt werden. So wurden Schriftformerfordernisse identifiziert, die mit dem Artikelgesetz entweder ersatzlos gestrichen werden (56 Rechtsvorschriften) oder die durch elektronische Verfahren ersetzt werden sollen (bei 420 Rechtsvorschriften wird die Formulierung „schriftlich oder elektronisch“ ergänzt).

Bei der überwiegenden Zahl der zu streichenden oder zu ergänzenden Schriftformerfordernisse handelt es sich eher um Fälle mit begrenzter Relevanz für Bürger und Unternehmen. Es sind solche, die geschätzte Fallzahlen von weniger als 1.000 pro Jahr aufweisen (vgl. Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrats, NKR-Nr. 3703 v. 21.7.2016, S. 3). So darf z. B. die Erlaubnis zum Führen zusätzlicher Bezeichnungen zum Schutz gegen Wellenschlag, wie etwa eines roten Lichts bei Nacht, an Fahrzeugen auf der Donau gem. § 3.48 Nr. 2 lit. b der Anlage A zur Donauschifffahrtspolizeiverordnung durch die zuständige Behörde nun, man möchte ausrufen „endlich!“, auch elektronisch erfolgen.

Zu beachten ist, dass mit dem Zusatz „oder elektronisch“ in den geänderten Rechtsvorschriften nicht die elektronische Form gemeint ist, wie sie in § 126 a BGB definiert ist. Gemeint sind auch nicht Ersatzmöglichkeiten der Schriftform nach § 3 a Abs. 2 VwVfG (qualifizierte elektronische Signatur, De-Mail mit Absenderbestätigung, elektronisches Formular mit nPA-Identifizierung oder anerkanntes Bürgerportal). Diese Möglichkeiten bestehen ohnehin schon. „Elektronisch“ soll, zur Vereinfachung der Verwaltungskommunikation, bedeuten, dass die Behörde grds. auch einfachere Kommunikationsmethoden, wie z. B. einfache E-Mail oder Messenger verwenden kann. Die Gesetzesbegründung stellt klar, dass der Einsatz solcher einfachen elektronischen Kommunikationsmethoden zum einen von der tatsächlichen Zugangseröffnung auf Seiten des Empfängers abhängig ist (BT-Drs. 18/10183, S. 66). Zum anderen läge deren Einsatz im Ermessen der Behörden (a. a. O., S. 69). Es wird darauf hingewiesen, dass die jeweiligen Verwaltungen zu gewährleisten haben, dass auf personenbezogene Daten bei der elektronischen Übertragung, beim Transport oder bei ihrer Speicherung nicht unbefugt zugegriffen werden kann. Dies könne insbesondere durch Verschlüsselungsverfahren sichergestellt werden, die dem Stand der Technik entsprechen. Der Einsatz bestimmter elektronischer Verfahren wird nicht näher festgelegt. Dies soll eine größtmögliche Verfahrensflexibilität erlauben, da die jeweilige Behörde nach ihrem Ermessen und ohne gesetzliche Verpflichtung zur Nutzung eines bestimmten elektronischen Verfahrens beurteilen könne, welche Kommunikationsform und Sicherungsmethode sie für den jeweiligen Verfahrensschritt für ausreichend oder erforderlich hält. Inwiefern z. B. die einfache E-Mail als Kommunikationsweg tatsächlich ausreicht, muss jede Verwaltung verfahrensabhängig selbst prüfen. Kommt sie zu dem Schluss, dass dies nicht ausreicht, muss sie dann prüfen, welche Alternativen (z. B. Verschlüsselung, De-Mail, ePost oder Bürgerkonto) in Betracht kommen und wie diese implementiert werden können. Die Nutzung der herkömmlichen Schriftform oder ihrer gesetzlich bestimmten Ersatzformen bleibt immer möglich.

Zur Ermessenseinschätzung wird auf die „Handreichung zum Einsatz von Vertrauensmechanismen in der Kommunikation zwischen Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger bzw. der Wirtschaft“ des IT-Planungsrats verwiesen. Diese stellt Richtlinien zur Ermittlung des erforderlichen Schutz- und Vertrauensniveaus einer Verwaltungsdienstleistung vor und definiert, welche Technologie bei welchem Schutzniveau erforderlich ist. Die einfache E-Mail ohne Verschlüsselung wird nur für Verfahren mit untergeordnetem Schutzniveau empfohlen. Schon bei einem normalen Schutzniveau sind Kommunikationswege vorgesehen, die größere Sicherheit bieten. Ob die Änderungen durch das Gesetz daher tatsächlich eine Arbeits- und Kommunikationserleichterung darstellen, hängt ganz entscheidend vom konkreten Verfahren ab und dem Willen der Behörden und deren Kommunikationspartnern.

Zu erwarten ist, dass das Gesetz den Bundesrat passieren wird. Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme (BR-Drs. 491/16 (Beschluss)) nur fünf Änderungen vorgeschlagen, denen teilweise in der Beschlussempfehlung des Bundestags (BT-Drs. 18/11007) entsprochen wurde. Das Gesetz soll am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten.

(Dieser beitrag wurde auch unter ZD-Aktuell 05489 veröffentlicht.)